Mendels genetische Erbsensuppe

Ein Mönch beugt sich konzentriert in seinem Gewächshaus über seine selbst angebauten Erbsen und begutachtet sie. Welche Farben wird er in den Schoten finden – grüne oder gelbe? Und welche Formen – glatte oder runzlige? Und wie viele von welchen Kombinationen? Alles wird genau gezählt, sortiert, notiert, nochmals kontrolliert. Ein Fehler darf ihm nicht unterlaufen, sonst ist sein Langzeitexperiment gefährdet.

Marmorstatue: Gregor Johann Mendel
Mendel-Statue von Theodor Charlemont.

Dort, wo Gregor Johann Mendel einst die Gesetzmäßigkeit der Vererbung an Pflanzenhybriden erforschte und die später nach ihm benannten „Mendelsschen Gesetze“ entdeckte, sitzen heute Gäste unter weißen Schirmen und genießen ihre kühlen Getränke. Nur noch die Grundrisse erinnern an den Glasbau, in dem für damalige Zeiten ungeheuer fortschrittliche Forschung vonstatten ging. Vorangetrieben von einem unermüdlich Wissbegierigen. Ein Priester, Philosoph, Physiker, Meteorologe und später Bienenzüchter wurde hier zum „Vater der Genetik“.

Viele seiner Zeitgenossen erkannten zunächst nicht die Tragweite der Erkennisse, die der Augustiner-Pater aus seinen genialen kleinteiligen Arbeiten zog. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod wurde dem „Erbsenzähler“ Mendel die umfassend wissenschaftliche Anerkennung zuteil, die er verdient hatte.

Mendels einstige Wirkungsstätte – das ehemalige Augustiner-Kloster in Brno (Brünn) in Tschechien – ist schon längst ein Museum. Eine sehr anschaulich gestaltete Dauerausstellung der Masaryk-Universität zeigt das Leben und führt in die Grundgedanken der Forschung Mendels ein. Es zeigt unter anderem Original-Instrumente sowie Facsimiles von handschriftlichen Arbeiten des außergewöhnlichen Gottesmannes, zum Beispiel Laborergebnisse notiert neben Gedanken über das Kloster. Ebenfalls Teil der Ausstellung ist eine von Mendel durchgearbeitete und handschriftlich kommentierte Ausgabe von Charles Dawins „Über die Entstehung der Arten“.

Holzturm, ca. 2 Meter hoch.
Wetterturm auf dem Gelände des früheren Augustinerklosters und heutigen Mendel-Museums in Brno.

Mendel, der sich auch als Meteorologe verstand und als erster Wissenschaftler das Phänomen des Tornados beschrieb, dürfte es freuen, das die Wissenschaft wieder auf dem Klostergelände eingezogen ist. Heute steht hier eine Wetterstation, die von der Brnoer Zweistelle des Tschechischen Hydrometeorologischen Instituts betrieben wird. Der etwas unscheinbare weiße Holzkasten misst neben Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit, Niederschlag und Bodenfeuchte.

Seit 2003 halten renommierte Wissenschaftler aus aller Welt Vorträge – Mendel Lectures – an der „Wiege der Genetik“, wie es auf der Website heißt.

In der Nähe der Wetterstation steht die Marmorstatue, die Mendel als Mönch abbildet. Der Künstler Theodor Charlemont fertigte sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts an. Auf dem Sockel der Figur ist unter Mendels Namen ein Relief zu sehen. Es stellt eine Frau und einen Mann dar, die einander nackt gegenüber kieen und sich die Hand reichen – auf Augenhöhe. Schöner lässt sich die Quintessenz der Forschung dieses Wissenschafts-Priesters kaum darstellen.

Detail an der Mendel-Marmorstatue in Brno.
Detail an der Mendel-Marmorstatue in Brno.

Website Mendel-Museum
Website Mendel Lectures

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