Ode an die Schneemänner

Kaum sind die ersten Schneeflocken gefallen und der Wintereinbruch in den Nachrichten Thema, kann das vom Fernseher abschweifende Auge vorm Fenster Schneemänner entdecken. Und Schneefrauen, Schnee-Rentiere, Schneebäume, Schnee-Aliens – in Null komma Nichts wie von Geisterhand aufgebaut.

Woher kommen sie? Und was wollen sie uns sagen? Die meisten scheinen von Menschen gebaut zu sein. Was bewegt uns dazu, die oft bald wieder tauende Niederschlagsmasse in ein kurzlebiges Figurenmassiv zu verwandeln, wenn nicht sogar in Kunst? Dieser geheimnisvolle Vorgang ereignet sich oft in der Nähe von Kindern, wobei es gewagt wäre zu behaupten, sie seien die Ursache oder der Auslöser dafür. Vielmehr sind es die Erwachsenen, die zum spontanen Schneemannbauen neigen und Kindern diese Idee nahe legen, sodass sie am Ende glauben, es sei ihre Idee gewesen.

Geht man durch verschneite Parks, bemerkt man schnell, dass das Schneemannbauen eine überaus ernste Angelegenheit ist, welche hohe Konzentration erfordert. Oft scheint es, als seien die Betroffenen in einer Art Rausch, möglicherweise verursacht durch die kalte Luft, die den Organismus durchströmt und zur Erhöhung des Sauerstoffanteils im Blut durch plötzliche Aktivität anregt, ja geradezu auffordert und noch währenddessen mit Endorphinen versorgt?

Oder es ist ein Ur-Impuls, etwas Feierliches, Religiöses in uns, um den Göttern durch den Bau für den Schnee zu danken, der immer wieder kindliches Staunen und Raunen weckt, wie andere Völker rituell für die Regenzeit nach der Dürre danken?

Sind die Figuren Orientierungspunkte für fremde Zivilisationen? Und was bedeuten die drei Kugeln – Körper, Geist, Seele? Und die Möhre?! Wir wissen es selbst wohl nicht so genau. Fakt ist: Schneemänner stehen für mehr, als auf den ersten Blick scheint. Sie repräsentieren uns auf geheimnisvolle Weise und eine Welt ohne Schneemänner ist undenkbar.

Daher verweigere man sich nicht dem jähen Schneemannbau-Impuls, sondern folge dem inneren Drang, im Schnee zum Schöpfer zu werden von Scheemännern mit Kugelbrüsten, schiefen Türmen, dreibeinigen Schneerentieren. Die Freude ist unvergleichlich.

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